Blutegeltherapie
Die medizinische Anwendung von Blutegeln hat eine Tradition, die bis in die Pharaonenzeit des alten Ägyptens zurückreicht. Auch bei uns ist die Blutegeltherapie immer noch vor allem für ihren Einsatz bei Arthrose oder
Krampfadern bekannt.
Mit den Analysemethoden der modernen Medizin konnten die Wirkstoffe, die Blutegel beim Saugen abgeben, als entscheidendes Therapieprinzip nachgewiesen werden. Die Kombination der Wirkstoffe des Blutegels ist einzigartig.
Blutegel sind heute als Fertigarzneimittel eingestuft und unterliegen den gleichen Anforderungen an Sicherheit, Qualität und Wirksamkeit, die an alle zulassungspflichtigen Arzneimittel gestellt werden.
Eine Behandlung mit Blutegeln dauert ca. 60 bis 90 Minuten. Je nach Erkrankung werden die Blutegel an verschiedenen Stellen des Körpers angesetzt. Der Egel sägt sich vorsichtig und fast schmerzfrei in die Haut ein.
Während des Saugvorgangs gibt der Egel seine Wirkstoffe in das Gewebe ab. Am Ende der Behandlung wird die Wunde, die noch ca. 12 bis 24 Stunden nachblutet, verbunden.
Die Blutegel
– beeinflussen die Blutgerinnung
– wirken antithrombotisch
– beeinflussen das Immunsystem und wirken antibakteriell
– wirken durch natürliche Entzündungshemmer antientzündlich
– fördern den Lymphfluss bei Ödemen und Stauungen
– haben eine stimmungsaufhellende Wirkung
Die Wirkung der Blutegeltherapie beruht auf unterschiedlichen Aspekten.
Zum einen wirkt der Biss des Egels selbst, durch den Blutverlust entsteht ein Aderlasseffekt. Hinzu kommen Wirkungen auf das Lymphsystem sowie euphorisierende Wirkungen.
Wichtig sind natürlich die biologisch aktiven Substanzen im Speichel der Egel.
Sehr wahrscheinlich enthält das Speicheldrüsensekret des Egels mehr als 100 aktive Inhaltsstoffe. Die wenigsten davon sind bisher identifiziert.
Der Speichel des Blutegels besteht zu 90% aus Wasser. Darin enthalten sind Peptide, Lipide und Polysaccharide
Die wichtigsten Inhaltsstoffe der Blutegel:
Hirudin beeinflusst die Blutgerinnung, indem es die Wirkung des Thrombins blockiert.
Außerdem reguliert Hirudin das Nervenwachstum und schützt – in virtro – Nervenzellen vor einer Wirkung des Thrombins, das das Absterben der Zellen fördert
Lysierende Stoffe erleichtern das Eindringen des Speichels in das Gewebe des Patienten, indem sie die Durchlässig des Gewebes erhöhen.
Destabilase-M zum Beispiel wirkt antithrombotisch und thrombolytisch. Destabilase-M kann das Entstehen von Thrombosen verhindern und Thrombosen sogar auflösen. Weitere lysierende Substanzen sind u. a. die Hyaloronidase, Kollagenase.
Immunmodulierende Stoffe wie die Destabilase-L scheinen durch ihre Lysozymaktivität antimikrobiell wirksam zu sein.
Die im Speichel des Egels enthaltenden Egline sind starke, natürliche Entzündungshemmer. Ebenfalls entzündungshemmend wirken u. a. Hirustasin und LCI
Die Aderlass ähnliche Wirkung beruht auf dem Blutverlust.
Bei der Blutegelbehandlung handelt es sich trotz des Blutverlustes nicht um einen Aderlass im klassischen Sinne. Während des Saugvorgangs nimmt ein Egel etwa 10 bis 20 ml Blut auf.
Durch die Wirkung von u. a. Calin und Saratin wird der Wundschluss verzögert. Während der Nachblutzeit von etwa 12 bis 24 Stunden verliert der Patient etwa die gleiche Menge Blut.
Der Saugvorgang und das Nachbluten führen zu Verlust von Blut und Lymphflüssigkeit. Das Kapillarbett wird entlastet, die behandelte Region wird entstaut. Entzündungsprozesse werden reduziert. Hämatome und Vernarbungen können sich lösen.
Lymphe oder Gewebsflüssigkeit befinden sich in unserem ganzen Organismus, sie findet sich in allen Geweben und zwischen allen Zellen. Durch den Blutegelbiss tritt nicht nur Blut, sondern auch Lymphflüssigkeit aus, der
Fluss der Lymphe wird verstärkt. Stauungen im Bereich der Gewebsflüssigkeit können sich dadurch auflösen und die Lymphe wieder abfließen.
Oft ist nach dem Ansetzen von Blutegeln eine Stimmungsaufhellung bei Patienten zu beobachten. Das Phänomen wurde auch schon in älteren Berichten beschrieben. Bis heute gibt es für diesen Effekt keine befriedigende Erklärung. Eine mögliche Erklärung könnte das im Speichel des Egels enthaltene Serotonin
sein.
Die Blutegeltherapie ist in meiner beruflichen Tätigkeit ein sehr wichtiges Verfahren. Sei es in meiner Praxis in Frankfurt, als beratender Therapeut der Biebertaler Blutegelzucht GmbH oder Mitglied verschiedener
Arbeitsgruppen der Deutschen Gesellschaft für die Therapie mit Hiruduineen und deren Artenschutzes e. V.
Die Blutegeltherapie gehört zur Erfahrungsheilkunde, für viele Anwendungsgebiete liegen wissenschaftliche Studien über die Wirkungsweise vor.
Sie möchten mehr über die Blutegel und die Hirudotherapie erfahren:
Woher kommen die Blutegel?
In der Blutegeltherapie verwenden wir den aus Südosteuropa stammenden Hirudo verbana Der heimische und in freier Natur kaum noch zu findende Hirudo medicinalis ist sehr selten, die Wirkung beider Arten ist
ähnlich. Ich beziehe meine Egel ausschließlich über die Biebertaler Blutegelzucht GmbH.
Was muss ich vor der Blutegeltherapie beachten?
Die Haut darf nicht parfümiert sein, Sie sollten auch kein Duschgel, Salben etc. verwenden. Die Blutegel bevorzugen den natürlichen Duftder Haut.
Hoch dosierte Enzympräparate und ähnlich wirkende Blut verdünnende Medikamente müssen drei Tage vor der Behandlung abgesetzt werden. Die darf NUR nach Rücksprache mit dem behandelnden Arzt erfolgen! Ausnahme ist ASS 100, das darf weiterhin eingenommen werden.
Alle anderen Medikamente, die Sie zum Zeitpunkt der Behandlung einnehmen, geben Sie bitte im Anamnesegespräch an, ebenso bekannte Allergien und bestehende Erkrankungen.
Bitte trinken Sie vor der Behandlung keinen Alkohol und verzichten Sie darauf, zu rauchen.
Muss ich nach der Behandlung etwas beachten?
Bitte beachten Sie, dass die Wunden bis zu 12 bis 24 Stunden nachbluten können!
Entstandene Krusten auf den Bissstellen dürfen keinesfalls entfernen und nicht im Bereich der Bissstelle gekratzt werden, bei Bedarf dürfen Juckreiz stillende Salben aufgetragen werden.
Behandelte Extremitäten schonen Sie bitte und lagern sie mindestens zwei Tage hoch.
Hat die Blutegeltherapie Nebenwirkungen?
Ja, leider können auch unerwünschte Reaktionen auf die Wirkstoffe im Blutegelsekret auftreten.
Diese sind gut behandelbar. Zu den unerwünschten Begleitreaktionen gehören:
Juckreiz und Rötung im Bereich der Bissstellen
Anschwellen der regionalen Lymphknoten und des behandelten Körperteils
Lang andauernde Depigmentierung der Bissstellen, selten Narbenbildung
Unterschiedliche allergische Reaktionen
Selten: Abgeschlagenheit, Temperaturerhöhung, generalisierter Juckreiz
Tut der Biss der Blutegel weh?
Die Zähnchen der Blutegel durchstoßen die Haut sehr sanft. Trotzdem merkt man den Biss. Manche Patienten berichten von einem leichten Brennen wie von Brennnesseln.
Wie viele Zähne haben Blutegel?
Blutegel verfügen über zwei Saugnäpfe an den Körperenden, beide Saugnäpfe dienen der Fortbewegung an Land. Der hintere Saugnapf auch zum Festhalten am „Opfer“. An der Oberseite des vorderen Saugnapfes befinden
sich Sinneszellen und Augen zur Unterscheidung von hell und dunkel Der „Mund“ mit seinen drei Kiefern und 240 Zähnchen liegt an der Unterseite und ist beim Schwimmen nicht zu sehen.
Sind Blutegel mit den Regenwürmern verwandt?
Blutegel gehören zur Familie der Ringelwürmer, die nächsten Verwandten sind die Regenwürmer.
Wie vermehren sich Blutegel?
Blutegel sind Zwitter und pflanzen sich geschlechtlich fort. Nach der Befruchtung werden 10 bis 30 Eier in einem Kokon abgelegt, aus dem die Egel ausschlüpfen. Sie ernähren sich zunächst vom Blut von Amphibien, wenn sie kräftig genug sind auch vom Blut von Wirbeltieren.
Wie alt können Blutegel werden?
Geschlechtsreif sind Blutegel mit 2 bis 4 Jahren und können ca. 30 Jahre alt werden.
Wie oft beißen Blutegel? Und wie oft werden sie angewendet?
Blutegel sind heute ein Arzneimittel und vom BfArm zugelassen. Blutegel werden nur einmal zur Therapie eingesetzt.
Bei einer Mahlzeit kann der Egel sein Gewicht verzehnfachen. In der Natur zieht sich der Egel danach
in die feuchte Erde zurück.
Während des Saugens dickt der Egel das Blut ein und scheidet das Blutserum über die Haut aus. Er scheint zu schwitzen.
Die erste Verdauungsphase dauert drei Monate. Erst dann haben Egel wieder Appetit und die Salvia ist wieder aufgebaut. Je nach Lebensalter dauert der Vorgang der Verdauung bis zu 21 Monate. Ein Blutegel kann 2 Jahre mit einer Mahlzeit leben.
Was passiert mit den Blutegeln nach Therapie?
Blutegel dürfen als Einmal-Arzneimittel nicht zur Therapie wiederverwendet werden. Sie müssen nach der Behandlung eingefroren werden. Inzwischen bietet die Biebertaler Blutegelzucht GmbH aber wieder einen „Rentnerteich“ an. Dort genießen die satten Egel ihr Leben.
Für alle weiteren Fragen, sprechen Sie mich gerne an.
Bitte beachten Sie auch den Aufklärungsbogen zur Blutegelbehandlung. Bitte drucken Sie ihn sich aus und bringen ihn unterschrieben zur ersten Blutegeltherapie mit.